Prostituiertenschutzgesetz fordert erste Opfer in Sachsen: Zwei Massagestudios des Aktionsbündnisses „Finger weg!“ müssen in Kürze schließen

20. Februar 2018

Die Umsetzung des bundesweit umstrittenen Prostituiertenschutzgesetzes stellt Dresdner Massagestudios vor das Aus. Gemeinsam haben betroffene Studios das Aktionsbündnis „Finger weg!“ gegründet, um gegen die drohende Schließung und für den Erhalt der Massagevielfalt in Dresden zu kämpfen. Nun muss das Bündnis erste Opfer beklagen. Zwei Massagestudios werden aufgrund der neuen Gesetzeslage in Kürze schließen. Dass weitere Studios folgen, ist nach jetziger Lage wahrscheinlich.

Das Ausführungsgesetz für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetz in Sachsen ist noch nicht beschlossen, doch bereits jetzt werden die Folgen des Bundesgesetzes sichtbar. Das Massagestudio von Sinnesart in Dresden Pieschen wird nach 16 Jahren am 28. Februar das letzte Mal seine Türen öffnen. Ein weiteres Studio des Aktionsbündnisses wird seine Arbeit im April einstellen.

MasseurInnen stellen aus Angst vor Stigmatisierung ihre Arbeit ein

Obwohl die MasseurInnen gut in der Kunst der Massage ausgebildet sind und keinen Sexualverkehr anbieten, müssen sie sich dennoch als „Prostituierte“ registrieren und damit stigmatisieren lassen. (Mit Registrierung ist nicht die Anmeldung der Tätigkeit als solche gemeint. Alle MasseurInnen haben ihre Tätigkeit gewerblich oder freiberuflich angemeldet und zahlen Steuern.) Die meisten üben ihre Tätigkeit nebenberuflich aus, beispielsweise als Nebenjob für Studierende oder als Zuverdienst für alleinerziehende Mütter. Für die (spätere) Karriereplanung oder in Sorgerechts-Fragen kann diese Registrierung verheerende Folgen haben, zumal nicht klar ist, was mit den erhobenen Daten passiertund wer Zugriff darauf hat. Hiervor schrecken viele MasseurInnen zurück und orientieren sich bereits um. Die Studios sehen sich damit einer hohen Nachfrage gegenüber, die sie aufgrund der schrumpfenden Mitarbeiterzahl nicht mehr abdecken können.

Ein weiterer Grund ist die fehlende Planungssicherheit, die die StudiobetreiberInnen zunehmend zermürbt und lähmt. Da auch fast ein Jahr nach dem Bundesgesetz (seit 1. Juli 2017 in Kraft) die Ausführung in Sachsen noch immer nicht beschlossen ist, fehlt es den Studios an Grundlagen für unternehmerische Entscheidungen:

  • Mitarbeiter: Wie viele MasseurInnen werden den Studios erhalten bleiben? Lohnt es sich, weiter in die Masseurinnensuche zu investieren, wo unklar ist, ob der Betrieb weiter besteht? Wie kann man festangestellte MitarbeiterInnen motivieren und vom Sinn ihrer Arbeit überzeugen, wenn ständig von Schließung die Rede ist?
  • Bleiberecht: Werden Studios trotz Sperrgebietsverordnung eine Genehmigung für den Betrieb in den Räumen erhalten, die sie seit Jahren nutzen und in denen sie ebenso lange seitens der Behörden geduldet wurden? Nach jetziger Sachlage dürfen künftig nur noch Angebote in Gewerbegebieten am Stadtrand legal existieren, was für die Studios und ihre Gäste keine Alternative darstellt.
  • Finanzen: Wie hoch wird die du zahlende Konzession sein und ab wann ist diese fällig? Zusätzliche Kosten könnten es erforderlich machen, die Preise anzuheben oder die Studios zu schließen. Welche Rücklagen sind nötig – und möglich?
  • Investitionen: Sollten Mietverträge verlängert oder eher gekündigt werden? Ebenso Verträge für Telekommunikation und anderes? Lohnen sich dringend benötigte Investitionen und Reparaturen noch?

Aktionsbündnis kämpft weiter

Trotz der Schließungen engagieren sich die Studios des Aktionsbündnisses„Finger weg“ weiterhin gegen weitere Schließungen und für den Erhalt der Massagevielfalt in Dresden. Das neue Bundesgesetz kann vorerst nicht verändert werden, aber das Bündnis sieht Spielräume für kommunale Entscheidungen und fordert die Entscheidungsträger auf, verschiedene Lösungsansätze zu prüfen und in die Überlegungen einbezogen zu werden. Das Bündnis konnte mit einer Online-Petition über 1.000 UnterstützerInnen für sein Anliegen gewinnen. Die nächste Ausschusssitzung zur Ausführung des Prostituiertenschutzgesetzes findet am 9. April im Sächsischen Landtag statt.